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Impulse aus dem
Baum­haus

Schulter­blick

18. April 2024
Clemens M Prokop

Der regelmäßige Schulterblick ist für uns eine so selbstverständliche Übung, dass wir immer wieder erstaunt sind über gelegentliche Nachfragen, was das denn eigentlich sei und wie man sich das vorstellen müsse.

Völlig berechtigte Frage natürlich! Wir sind hier ja nicht in der Fahrschule.

Unser Schulterblick ist kein Blick zurück, sondern, wenn man so will, eine besondere Form des Vieraugen-Prinzips. Und der Begriff ist ziemlich treffend: Ich lasse mir über die Schulter sehen – von der Kollegin, vom Auftraggeber. Und ich blicke selbst sehr gerne über Schultern, aus purer Neugier (und weil ich das Große Ganze im Blick behalten muss), auch wenn mir bewusst ist: Der auf immer unerreichte Großmeister des Schulterblicks war Alfred Biolek in der Fernsehküche. Wie er guckt! Wie er riecht und schmeckt! Und vor allem, wie er ins Gespräch geht… Denn das ist der vielleicht wichtigste Sinn und Zweck des Schulterblicks im kreativen Prozess: in Austausch zu gehen und gemeinsam die Arbeit zu reflektieren.

Trotzdem gibt es Menschen, meist frisch von der Hochschule, für die sind Schulterblicke der reine Horror. Ich kann mir das nur damit erklären, dass in ihrer verqueren Vorstellung ein strenger Aufseher seine Runden dreht, den Rohrstock jederzeit einsatzbereit.

Ein Schulterblick macht vieles schneller und alles leichter: Mit unseren Kunden teilen wir unkompliziert Arbeitsstände, gerade wenn sie noch nicht präsentationsreif sind – und können Feedback sofort einarbeiten. Und das pflegen wir auch untereinander: Immer wieder mal ein schneller Daumen hoch und die Gewissheit, auf dem richtigen Weg zu sein, ist so viel mehr wert, als der Frust, in der einsamen Studierstube viel Zeit und Energie für Arbeiten zu verbrennen, die sich dann als obsolet herausstellen.

Der kreative Austausch während eines Schulterblicks, das gemeinsame Weiterdenken sozusagen zwischen Tür und Angel, ist denn auch ein Vorteil, gemeinsam im TYE Baumhaus zu arbeiten: Über Distanz und mit Home Office verändert sich der Schulterblick.

Die Redewendung „Jemandem über die Schulter blicken“ bedeutet genau genommen, von jemandem durch teilnehmende Beobachtung zu lernen. Also das Gegenteil einer hierarchischen Beziehung zwischen Majestät und Untertan, zwischen Meister und Knecht, zwischen Ober und Unter. Wer mir einen Blick über die Schulter gewährt, lässt mich teilhaben an seinen Gedanken und seiner Arbeit. Gibt mir die Chance, verstehen zu wollen, Fragen zu stellen und dabei zu lernen.

Den allerschönsten Schulterblick gibt es meistens mit Kindern. Wenn die einen Käfer im Gras oder einen Gleitschirm unter der Wolke entdecken, dann kann es nicht schnell genug gehen: „Papa, ich muss dir unbedingt was zeigen!“ Und weil sie mit dem Finger drauf zeigen, muss ich ihre Perspektive einnehmen, so gut das geht – also: Schulterblick. Dann sehen wir staunend in dieselbe Richtung. Ein gemeinsames Entdecken.

Und genau das sollten Schulterblicke sein.

Clemens M Prokop

geboren in Regensburg.

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